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Tuesday, April 1, 2014

Das Fass ohne Boden (2)

- Die Situation der Tochter

Mit meinem ersten Post (Das Faß ohne Boden 1) über die Schulsituation unserer Tochter hatte sich meine Frustration tatsächlich etwas beruhigt. So sehr, dass hier mal wieder sage und schreibe 12 Tage lang nichts passiert ist. ;O) Heute dann aber wieder sah ich rot, die Alarmglocken schrillten in meinem Kopf und schnaufend wie eine Dampfwalze  verließ ich das Schulgebäude .... naja, fast jedenfalls. Ganz so dramatisch war es nicht, aber es klingt gut. 

Wie ist nun die aktuelle Situation der Tochter? Sie geht auf eine sogenannte "Friskola", also keine staatliches, sondern eine der vielen privaten Schulen.
Grundsätzlich sind wir hier überhaupt nicht gegen staatliche Schulen, es ist nur leider so, dass unsere Heimatkommune unter aktueller Führung den Schwerpunkt auf Unternehmen und Fußballarenen und weniger auf Kindergärten und Schulen legt. Die Gruppen der kommunalen Kindergärten bersten mit oft mehr als 22 Kindern, die Grundschulen befinden sich in einem erbärmlichen Zustand, "unrentable" Schulen wurden ohne Rückshicht auf deren fantastisch umgesetztes Konzept geschlossen, statt sie zu stärken, und personalmäßig ist man ebenfalls unterbesetzt. Dafür wartet man mit großen Schülerzahlen und Schulalltag nach Mindestanforderung auf. Irgendwie war ich nicht bereit, erstens, mein Kind dem auszusetzen, zweitens, solches Verhalten zu unterstützen.

Dank der Absage durch die Deutsche Schule suchten wir also händeringend nach einer Alternative und ich klapperte verschiedene Schulen in Stockholm selbst ab. Leider waren die kommunalen dank des starken Geburtenjahrgangs 2007 voll und da das Vorschuljahr nicht verpflichtend ist (also noch im Kindergarten verbracht werden kann), gab es natürlich auch keine "Platzgarantie". Wir bekamen schließlich einen Platz an einer englischsprachigen Schule angeboten und da wir Englisch tagtäglich zuhause sprechen (der Herzallerliebste und ich) und die Tochter Englisch ohne Probleme versteht, dachten wir: naja, wenigstens wird ihr Englisch dann auch in den aktiven Sprachgebrauch gebracht.
Wir schauten uns die Schule an und Vorteile gegenüber den anderen waren Klassen, die auch nach dem Unterricht in der "Fritids" eine Einheit bildeden, zwei Lehrer (Englisch und Schwedisch), die sich den Unterricht gemeinsam teilen und ein Fritidslehrer, der auf dem Kernunterricht aufbauende Aktivitäten mit den Kindern durchführt. Anders als in der deutschen Schule, die nach deutschen Lehrplan unterrichtet (der die akademischen Anforderungen des schwedischen übersteigt) wir hier nach schwedischem Lehrplan unterricht, allerdings bilingual. Sprich, der Englisch-Lehrer spricht Englisch, die Schwedisch-Lehrerin spricht Schwedisch. Wir haben dieses Konzept auch in dem Wissen gewählt, dass wir wenn möglich nach einem Jahr auf eine andere Schule wechseln. Die Kernzeit von 9 Uhr bis rund 13 Uhr, danach Fritids mit organisiertem Programm bis ungefähr drei. Die Schule bestach nicht durch Schönheit, im Vergleich aber durch Übersichtlichkeit und ein akzeptables Maß an Instandhaltung sowie einen netten Schulhof. Von Vorteil auch, dass in der Schule morgens Frühstück angeboten wird, was die Tochter und ich eigentlich regelmäßig nutzen, da alle unsere Jungs im Kindergarten essen können und wir alle so etwas schneller aus dem Haus sind. Soweit so gut. Tatsächlich gehören diese Sachen nach wie vor zu den Pluspunkten der Schule.
Die Probleme fingen an, als meine deutschen akademischen Vorstellungen mit einer nicht konsequent umgesetzten schwedisch/anglo-amerikanischen Pädagogik in Konflikt gerieten. Also in meinen eigenen internen Konflikt, nicht in einem offenen ausgetragenen. Momentan kann ich an der Situation nämlich nichts ändern und ich will dem Kind ja nicht das Leben zur Hölle machen.
Nach dem schwedischen Schulprinzip muss Schule kostenfrei sein, sodass alle Materialien von der Schulge gestellt werden (inklusive Farbe, Stifte, Papier, Scheren, Kleber, usw.). Das "Unterrichtsmaterial" besteht in der Konsequenz aber leider dann auch aus zusammenkopiertem Material, was ich bei Grundschülern grundsätzlich noch nicht für vorteilhaft halte - der Übersichtlichkeit wegen. Dazu kommt, dass eine grundsätzliche Strukturierung nicht zu erkennen ist. Die liegt nämlich dann beim Lehrer und ist ohne Stütze eines kompletten Buches natürlich schwieriger zu gestalten (mehr Arbeits- und Zeitaufwand in der Vorbereitung). Außerdem liegt das Hauptgewicht auf einer Art Sachkundeunterricht, der nicht frontal gegeben wird, sondern wann immer möglich in Gruppenarbeit stattfindet. Es werden also eifrig veranschaulichende Wandbilder in unterschiedlichsten Ausformungen erstellt, usw. usw. Nebenher sollen auch Zahlen/Rechnen bis 20 und Schreiben/Lesen unterrichtet werden. Ist der Sachkundeunterricht noch halbwegs strukturiert, fängt da das Chaos an. Ich habe mich fürchterlich geärgert, dass mein Kind tagtäglich schnipselt und klebt, aber kaum schreibt. Schreiben dürfen Schüler üben, die mit ihren Projektarbeiten fertig sind. Nicht nur freiwillig, es kontrolliert/hilft offensichtlich auch keiner.
Dazu kommt das Problem mit der Struktur. Derzeit hat das Kind noch Schwächen mit drei bis vier Buchstaben: T, R, P und W (beim Lesen). Sie hat aber schon gefühlte 100 Mal A, B, C, usw. geübt. Derzeit ist den Lehrern mal wieder eingefallen, dass man ja Zahlen tatsächlich auch SCHREIBEN üben muss, um sie zu können. Also sind wir wieder bei den Zahlen 1 bis 10. Das Lernen des ABCs scheint auch eine Hürde zu sein, die kaum zu bewältigen ist. Also üben wir wann immer ich oder der Herzallerliebste kann,  zuhause. Heute habe ich wieder mal die Schulmaterialien in der Schule kontrolliert (eine Schublade, wo alle fertigen und unfertigen Meisterwerke abgelegt werden).... kein Mensch achtet darauf, dass das Kind angefangene Arbeitsblätter auch beendet. Kein Mensch achtet darauf, was wie in dieser Schublade landet.  Und da es ja keine Hausaufgaben geben darf (einmal in der Woche, übers Wochenende und das ist im Vergleich schon viel, ehrlich!), bleiben die Arbeitsblätter also unfertig in der Schublade liegen. Mitnehmen, so hat man mir erklärt, darf ich sie allerdings auch nicht. GAAAAAAAAAAAAAAAAH. Im Schreibheft (mit Linien) hat auch keiner kontrolliert, die Schreibübungen des Schuljahres erstrecken sich auf die Buchstaben A,B,C!!! Sicheres Rechnen im Zahlenraum über 10 - eine Hausaufgabe mit Additionsaufgaben gab es bisher.
Ich bin ja gar kein fundamentalistischer Befürworter von Frontalunterricht und  Druck, dass die Kinder nach einem Jahr Lesen, Schreiben und Rechnen müssen. Im Gegenteil, mich begeister dieser dem deutschen System so gegenläufige Ansatz, der hier grundsätzlich vorherrscht und den ich vom pädagogischen Grundprinzip her für wesentlich besser halte, als das ständige deutsche Bestreben, alle Kinder genau gleich zu machen.  Aber dieses dauernde Chaos ist unerträglich. Warum ist das also so?
Zum einen ist dieses ganze Vorschuljahr ein einziges Konstrukt. Man hat bei seiner Einführung spezielle Vorschullehrer ausgebildet, setzt diese aber eigentlich nicht ein. Stattdessen werden normale Grundschullehrer eingesetzt, die eigentlich nicht so richtig wissen, was sie machen sollen (wenn man Glück hat). Zum Beispiel:
Eine unserer Kindergartenbetreuerinnen ist Vorschullehrerin und Erzieherin. Der zuständige Betreuer Grundschullehrer/ Erzieher mit Lehrberechtigung bis Klasse 4.
Unser Sohn liest, kann das ABC, und rechnet mit Zahlen bis 20. Das ist natürlich auch ein individueller Unterschied zwischen unseren Kindern, aber es spricht auch für das Angebot des Kindergartens, dort hat er es nämlich gelernt. Dort wird mit den 5-jährigen genau das gemacht, was eigentlich in der Vorschulklasse passieren sollte (Immerhin 18 in der Gruppe). Die beiden verantwortlichen Erzieher sprechen sich ab, bereiten gemeinsam vor, und achten auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder. Diese beiden Erzieher haben eine fundierte pädagogische Ausbildung und  können auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen. Diese Erzieher werden durch den Arbeitgeber (auch hier ein freistehender Kindergarten) in der Qualität kontrolliert. Sie werden weitergebildet. Sie tauschen sich untereinander aus. Es wird an ihrem Arbeitsplatz erwartet, dass sie ihren Job Ernst nehmen. Was bitte passiert also in dieser Grundschule auf einmal?
Ich habe nicht gefragt, aber ich vermute starkt, dass der Englisch-Lehrer keinen Abschluß als Grundschullehrer hat - zumindestens keinen schwedischen. Die Schwedisch-Lehrerin ist neu und jung, sie kann ich mit mangelnder Erfahrung entschuldigen, denn tatsächlich war alles etwas strukturierter und angepasster, als sie alleine für die Klasse verantwortlich war. (Der Englisch-Lehrer befand sich im Urlaub, wieso darf der das eigentlich, mitten im Schuljahr?????). Vom Anforderungsniveau hätte sie aber durchaus doch etwas höher stapeln dürfen. Das lässt mich schon mal an der Schulleitung zweifeln. Warum wird nicht auf die Qualität des angestellten Personals geachtet? Warum wird der Unterrichtsinhalt nicht kontrolliert/vorgegeben? Warum kann man sich mit seinen Bedenken nicht an das Schulamt wendegn (Antwort: aufgeweichte Regeln).
Der Grundgedanke ist, dass alle Kinder mitgezogen werden sollen und tatsächlich hat das lange Zeit in diesem System wohl auch geklappt. Aber da waren Leher gut bezahlt, gut ausgebildet und die Vorgaben waren genau und deren Befolgung wurde offensichtlich kontrolliert. Oder es herrschte grundsätzlich eine andere Vorstellung von Lehren/Lernen.  Jetzt wirkt zum Beispiel das Schulamt (skollverket) vollkommen unfähig, irgendetwas bis auf weitgefasste Rahmenbestimmungen durchzusetzen.
Früher waren nicht nur auf dem Papier zwei bis drei Lehrer in der Klasse, sondern diese waren tatsächlich anwesend. Der Herzallerliebste hat (vor rund 20 Jahren) eine Weile als Assistenz-Lehrer gearbeitet. Nach seiner Darstellung waren Aufgabenverteilung, Anforderungen und Absprache vorhanden, man schaffte es (mit durchaus unorthodoxen Mitteln) tatsächlich, die schwachen Kinder abzufangen, während die Leistungsstarken weiterlernen konnten. 
Heute sollen die Kinder in der 1. Klasse Schreiben, Lesen,  im Zahlenraum bis 100 rechnen .... wenn die Grundlagen schon nicht gegeben sind, worauf soll man in Klasse 1 bitte aufbauen? Für viele Kinder wird das doppelter Stress ... oder sie lernen es eben gar nicht. Und dann wundert man sich, dass die Pisa-Ergebnisse lausig sind?? Kann nicht sein.
Was ich erlebe ist ein vormals brilliantes Schulsystem (!!!), das ausgehöhlt und sinnentleert wurde - aktiv. Man hat grundsätzliche Regelungen zur Funktion gelockert, hat die Struktur bis zur Unkenntlichkeit verwischt und halbgare Neueinführungen gemacht, ohne nach einem wissenschaftlich-pädagogischen Grund zu schauen. Ehrlich, man könnte brüllen vor Verzweiflung. (Das muss in Fett-Schrift sein, man kann es gar nicht genug betonen.)

Ich will versuchen in einem dritten Teil ein paar der Änderungen in den letzten 10 Jahren zu recherchieren und darzulegen, aber das ist eine relative umfassende Aufgabe, es mag also etwas dauern. Aber ich bin es so leid, dass keiner (außer den Pädagogen hier, aber auf die hört keiner) das laut und deutlich sagt. Statt dessen versucht man den Leuten weiß zu machen, dass ja alles nur halb so schlimm sei und mit ein paar glanzvollen oberflächlichen Änderungen sei alles ganz schnell zu retten. Es ist, also ob Schweden in den letzten Jahre den eigenen Weg verloren hätte. Eigentlich ein Drama.

Wednesday, March 12, 2014

Das Fass ohne Boden (1) - Nachtrag

Auf dem Blog 60° Nord gibt es drei schöne Beschreibungen zum schwedischen Schulsystem / Schulalltag. Da ich diese als sehr gute Ergänzung zu meinen (geplanten) Posts empfinde, hier für die hartgesottenen Leser die Links:

Pisa-Schock in Schweden (1) - Schulsystem

Pisa-Schock in Schweden (2) - Schulalltag

Pisa-Schock in Schweden (3) - Die Krise

Das Faß ohne Boden (1)

Das Thema Schule scheint im Moment genau das zu sein, ein Fass ohne Boden. Ich könnte vermutlich mehrere Einträge dazu machen, einen zur politischen Situation, einen zur aktuellen Lage in der schwedischen Schule/dem schwedischen Schulsystem und einen zur aktuellen Situation unserer Tochter sowie einen zu Mentalitätsunterschieden. Denn wir haben das große "Glück" mit unserer Tochter die volle Breitseite negativer Auswirkungen zu erleben.
Ich versuche mich mit diesem ersten Post dem Thema anzunähern, denn oft, wenn ich meine Tochter wie heute in der Schule gelassen habe, komme ich nach Hause und fühle mich ---- schlecht.
Zu Beginn möchte ich erst ein paar Dinge klären.
Ich habe ein persönliches Handicap. Ich bin Linguist, habe selbst (Erwachsene) unterrichtet und bin vermutlich zu gut belesen. Das ist nicht immer hilfreich. Außerdem ist es mir wichtig, dass meine Kinder eine gute Bildung erhalten, was für mich im Klartext heißt, dass sie lernen, ihre Kapazitäten zu nutzen. Nach ihren Möglichkeiten. Nicht mehr, aber sicher auch nicht weniger.

Ich respektiere den Beruf des Lehrers. Als ich begann zu studieren, war ich auf Lehramt eingeschrieben. Die ersten Vorlesungen in Pädagogik und andere persönliche Interessen sowie das ausgeprägte Wissen um eigene Schwächen und persönliche Erfahrungen mit sehr guten, normalen und (einem besonders) schlechten Lehrern ließen mich zu dem Schluss kommen, dass ich meine Persönlichkeit weniger geneigten Schülern nicht zumuten wollte. Ich wollte nicht die Person sein,die aus Ungeduld oder Ignoranz oder einfach ausversehen ein eigentlich fähiges Kind über die Klinge springen lässt. Aktuell ärgere ich mich fast ein bisschen, ich glaube ich war überkritisch mit mir selbst.
Ich respektiere den Beruf des Lehrers. Es ist ein anstrengender Beruf, der viel von den ausübenden Personen abverlangt, in sowohl Fachwissen wie auch Pädagogik und Didaktik, als auch von der Persönlichkeit und vom Fleiß des jeweiligen Lehrers.
Ich bin der Überzeugung, dass man Schule als Institution respektieren sollte. Gerade als Eltern. Heißt, ich will eigentlich nicht wegen jedem noch so kleinen Mist meine Nase in die Berufsausübung des Lehrers stecken müssen.
Ich habe mich vor Weihnachten stark zurückgenommen, dachte, wir als Eltern überfordern das Kind, machen zuviel Druck und dass ich meinen Einfluss zurücknehmen muss. Ergebnis war, dass ich vor Weihnachten eine fast depressive 6-jährige Zuhause hatte, die mir erklärte, dass sie weder schreiben noch rechnen durfte .... was ich nach einem scheinbar gut laufenden Entwicklungsgespräch im Oktober gar nicht verstehen konnte ....
Ich begann nach Weihnachten ein bisschen nachzuforschen, die drei, vier anderen Eltern mit denen ich mich unterhielt schienen alle zufrieden. Wir reden hier von Eltern, die selbst akademische Abschlüsse haben. Die Kinder lesen, rechnen und schreiben in einem für 6-jährige und schwedischen Vorstellungen entsprechendem Maße. Nur bei meiner Tochter passierte einfach NICHTS. Ich begann in der Schule nachzuforschen, blieb im Unterricht dabei und überprüfte die Schulmaterialien meiner Tochter, die hier in Schweden (an dieser Schule) eben in der Schule verbleiben.
Ich begann zu verstehen. Alle diese anderen Kinder hatten lesen und rechnen zuhause gelernt. Alle diese anderen Kinder fühlten sich in ihrem Lernvermögen sicher, etwas, womit meine Tochter Schwierigkeiten hat und wo sie leider voll nach ihrer Mutter schlägt. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass ich mindestens durchschnittlich intelligent bin. Warum es mir bisher nicht gelungen ist, dies meiner Tochter zu vermitteln - wenn ich das nur wüsste. Oder wie ich es machen soll.
Alle anderen Kinder können - ganz wie z.B. mein Sohn - einfach lernen ohne zu hinterfragen warum. Sie haben Spaß daran. Meine Tochter hat im Hintergrund immer diese Frage: "warum?". Nein, dass ist natürlich nicht hilfreich. Es macht es schwieriger und komplizierte dieses Kind zu unterrichten. Man müsste eine tiefere Kommunikation mit ihr pflegen und ihr das Gefühl geben, dass das was sie in dem Moment macht, Bedeutung hat. Überhaupt muss man mit ihr kommunizieren, ihr Feedback geben. Sie will angeleitet werden, will einem Beispiel folgen können.  Ja, man kann sich fragen, was wir da eigentlich in der Erziehung vergeigt haben (ich tue es recht häufig) und manchmal denke ich: verdammt, sie ist halt einfach so, daran ist ja eigentlich nichts falsch, sie ist ja verflixt nochmal ein Kind. Ich denke auch, dass esverflixt nochmal genau die Aufgabe der sie umgebenden Erwachsenen ist, ihr diese Zweifel zu nehmen.
Die Lehrer haben mir bisher nur eines gezeigt, nämlich dass sie diese Notwendigkeiten für mein Kind weder sehen, noch verstehen, noch irgendwie darauf produktiv reagieren können.
Was natürlich auf eine wenig grandiose Ausbildung bzw. Fähigkeit in der Berufsausübung schließen lässt. (Wir reden hier immerhin von einem Englisch-Lehrer, einer Schwedisch-Lehrerin, die in der Kernzeit gleichzeitig im Klassenzimmer anwesend sind). Was natürlich dazu führt, dass meine Tochter weiter zurückfällt. Was natürlich dazu führt, dass ich zuhause doppelt und dreifach kompensieren muss. Was natürlich bedeutet, dass ich dieses Kind ganz schnell nach dem Sommer auf eine andere Schule schicken muss. Es manifestiert sich nämlich ein vollkommen unfundiertes Selbstbild in diesem kleinen Kopft, das vollkommen in die falsche Richtung läuft. Und das mit nur 6 Jahren in der "Vorschulklasse". Sowas nenne ich Bildungserfolg - NOT.

PS.: Ja, ich sehe ein, dass ich eigentlich zu verkrampft bin. Aber im Ernst, wenn man sein Kind jeden Tag in eine sogenannte Schule bringt und dann nach 8 Monaten Fortschritte erkennen möchte und wenig bis gar nichts passiert ist - wer würde da nicht verkrampfen???

PPS.: Kommentare sind mehr als willkommen. Ich bin im Moment für jede Anregung dankbar,denn ich fühle mich wie (um es sinngemaß mit Pink Floyd zu sagen):  a (two) lost soul(s) swimming in a fish bowl, year after year." 

Monday, August 19, 2013

Erstens kommt es anders

... und zweitens als man denkt.

Was war ich mir sicher, dass unsere Tochter auf die Deutsche Schule gehen würde. So was von sicher. Irgendwann nach dem letzten Blog-Eintrag im April kam dann endlich der heiß-ersehnte Brief von der Schule. Selbstredend mit einer Absage. Im Sinne von: wie immer war die Nachfrage groß, leider konnten wir Ihrem Kind keinen Platz anbieten. Wir wünschen Ihnen alles Gute. Ich kochte, tobte und war verzweifelt. Ich hatte das eindeutige Gefühl, als Elternteil vollkommen versagt zu haben und meine Tochter im Stich gelassen zu haben. Nie, nie, nie würde dieses Kind, das neben Schwedisch ja eigentlich ziemlich gut Deutsch spricht und wenn es sein muss auch Englisch, also nie würde dieses Kind 100-% Zweisprachler werden. Kein doppelter Schulabschluss. Kein gemütlicher Altbau aus Backsteinen mit nur zwei Klassen pro Jahrgang. Alles ganz entsetzlich. Der Herzallerliebste blieb (schwedisch) pragmatisch und rief bei der Schule an. Warum man das Kind nicht angenommen hätte? Die Sekretärin kam mit unterschiedlichen Vorschlägen: zu kurz auf der Warteliste (seit 3 Jahren). Sprachkenntnisse nicht ausreichend (beim Vorstellungsbesuch vom Direktor gelobt für das nette zweisprachige Gespräch). Zu jung (nein, im April geboren). Ja, dann wüsste sie auch nicht so genau warum eigentlich. ..... Ob wir auf die Warteliste wollten (nein, wir waren sauer. Haben uns aber trotzdem auf die Warteliste setzen lassen. Eigentlich nur aus Prinzip. Doofes deutsches Schulsystem.).
Man muss mir meine etwas kindische Reaktion verzeihen. Ich selbst bin glücklich überlebendes Opfer des deutschen Schulsystems. Mit reiner Mädchenklasse, katholischem Gymnasium (damals noch mit wöchentlichem Schulgottesdienst (mit Anwesenheitspflicht) und übrigens einer fantastischen Nonne als Klassenlehrerin), Klassenwiederholung, Schulwechsel, Schulwechsel, usw. Bis zum bitteren Ende als mir die Institutssekretärin freudestrahlend mein MA-Zertifikat überreichte. ;0) Sie verstehen das gespannte Verhältnis, ja?

Mein nächster, sehr pragmatischer Gedanke war: Verflixt, dann eben doch auf eine kommunale Schule in der Heimatkommune. Wir sind schließlich immer noch in Schweden und auch wenn man den Spitzenplatz in der Schulbildung gerüchteweise an Finnen und Niederländer abgeben musste - sooooo schlimm kann das ja selbst in einer Kommune mit zweifelhaftem Ruf aber netten Einwohnern doch gar nicht sein. Ich begann mich genauer umzuhören, schließlich hatte ich ja drei Schulen als Pflichtwahl angegeben und das Ergebnis war .... katastrophal. Die Schule auf der das Kind angemeldet war. ist erstens groß (rund 1000 Schüler bis einschließlich Klasse 9), zweitens permanent personalmäßig unterbesetzt (die größeren Kinder sollen dann als Vorbilder für die kleinen fungieren) und insgesamt ist die Instandhaltung der Schulen in der gesamten Kommune eher .... lieblos (schmeichelhaft ausgedrückt). Mir war nicht mehr nur schlecht, mir war k...übel. Eine Schule in unserer Nähe wurde mir als wenigstens solide empfohlen. Also wurde das Kind dort panisch eingeschrieben. Kurz darauf statteten wir dieser Schule einen Besuch ab und wurden von einer sehr, sehr netten Lehrerin und Direktorin empfangen. Der Zustand der Gebäude war allerdings leicht gräuslich und trotz im letzten Jahr groß angekündigter Sanierungsmaßnahmen war offensichtlich noch gar nichts passiert. Die Schülerzahl war geringfügig besser und das Betreuungkonzept klang gut, bis wir erfuhren, dass für dieses Schuljahr 80 Kinder in der Nachmittagsbetreuung mit maximal 6 Lehrern angesetzt waren.... wenn dann alle 6 Lehrer gleichzeitig mal da wären, bedeutete dies ein Betreuungsverhältnis .... im Geiste hing ich über der Kloschüssel.

Mittlerweile hatte ich nämlich das Prinzip Vorschule verstanden: während der Unterricht im klassischen Sinne in diesem ersten Schuljahr, das hier bewusst mit Klasse 0 bezeichnet wird, nur einen Teil ausmacht (Rechnen und Zahlen bis 10, wenn individuell möglich erstes Lesen und etwas Schreiben, Sport, Hygiene) geht es darum, die Kinder anhand unterschiedlicher thematischer Aktivitäten an das Lernen und eigenständiges Arbeiten heranzuführen. Um Kinder auf diese Weise auf die Schule einzustimmen, braucht es eben Personal und das nicht nur in den 3, 4 Schulstunden Unterricht, sondern besonders gerade in den Betreuungszeiten davor und danach. Also fing ich an, mögliche Schulen in Stockholm anzurufen. Das 2007 ein geburtenstarker Jahrgang war, wusste ich ja schon. Manche waren empört, dass ich überhaupt einfach so anrief, man hatte alle Plätze gefüllt und musste viele andere Kinder abweisen, andere setzten uns auf Wartelisten mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten (die Warteliste der englisch-chinesich-schwedisch-sprachigen Montessorischule umfasst rund 5000 Kinder, wie man mir mitteilte ;o) ) und  eine andere  Schule erbot sofort einen Platz, was irgendwie auf nichts Gutes schließen lies. Eine kurze Recherche brachte eine mangelhafte Bewertung durch das Schulwerk zu Tage. Nach rund einer Woche bangen bekam ich dann eine freundliche E-Mail einer englisch-schwedisch-sprachigen Schule. Man hätte einen Platz, wir sollten uns bitte schnell melden. Ich antwortete umgehend und ein paar Tage später waren wir zum Gespräch in der Schule. Der Direktor wirkte kompetent und freundlich, das Schulkonzept gefiel uns und vor allem befand sich die Betreuung auf einem Niveau, das für Schweden als normal angesehen werden kann. 27 Kinder in einer Klasse (leider 2 mehr als mir lieb wären, aber ok) und drei Lehrer, davon ein Englisch-Lehrer, eine Schwedisch-Lehrerin und ein Vorschullehrer, die gemeinsam ihre Klasse von Morgens bis Mittags circa 3 Uhr durch den Tag begleiten, als Team. Mir ging es schlagartig wieder besser. Die Schülerschaft ist sehr international gemischt. Das Gebäude ist zwar auch ein etwas liebloser Betongbau, aber wenigstens anständig in Schuss gehalten und mit viel grün drumherum (auch wenn ganz unten eine Hauptverkehrsstraße entlangläuft so wirkt der Schulhof doch noch in bescheidenem Maße idyllisch).

Was mir spontan auch zusagte war die Bilingualität, da ich glaube, dass besonders unsere Tochter es leicht hat, Sprachen zu lernen und ich gerne dieses Talent fördern wollte. So kann sie nun ihr Englisch perfektionieren. Glaubt man dem aus Großbritannien stammenden Englischlehrer, so könnte sie in einigen Wochen vollständig flüssig im Englischen sein, was natürlich auf ihren Vorkenntnissen und der Tatsache beruht, dass wir zu hause täglich Englisch sprechen. Im Moment versuche ich noch den Muttersprachenunterricht organisiert zu bekommen, denn leider ist sie das einzige Kind mit Deutsch als Muttersprache an der Schule (wir hatten überlegt sie in den Hindi-Unterricht rein zu schmuggeln ;o) ) und theoretisch hätte sie Anspruch auf 5 Stunden pro Woche. Wenn es aber für dieses Halbjahr noch nicht klappen sollte, dann hoffentlich für das nächste, ich müsste sie dann nämlich an einem oder zwei Tagen noch an eine andere Schule bringen.

Seit Dienstag ist die Tochter also in der Schule und im Moment ist sie hochmotiviert. Mal sehen, wie lange das anhält. Jeden Morgen liefern wir sie zwischen 8 und 8:30 Uhr ab, sie kann dann noch in Ruhe frühstücken und um 9 beginnt der Unterricht. Abholen werde ich sie in Zukunft um circa 15 Uhr. Glücklicherweise liegt der Kindergarten auf der Strecke, sodass die Jungs alle mit ihr in einem Schwung gebracht und abgeholt werden können. Vorläufig heißt das für uns erstmal: Ende gut, alles gut.

Thursday, April 18, 2013

Immer wieder schön ist es, ...

... über Schweden in deutschen Zeitung (hier SZ) zu lesen. Hier jetzt also die paradiesischen Zustände in schwedischen Kindergärten.

Von schwedischen Kindergärten lernen


Allerdings lässt der Artikel einige Informationen aus. So sind die "Rund-um-die-Uhr"-Kindergärten vor allem für Eltern gedacht, die oft auch abends oder am Wochenende arbeiten müssen und dazu eventuell "alleinerziehend" sind. Diese Art der Kindergärten ist bei Weitem nicht die Regel und wenn ich ganz richtig informiert bin, auch erst eine relativ neue Idee. Das ändert aber an der Gesamtzahl an Betreuungsstunden pro Woche wenig (max. 40). Da in Schweden die Ehefrauen nicht automatisch über ihre Männer mitversorgt sind (z.B. gibt es auch kein Ehegattensplitting), ist der Bedarf für die Frauen zu arbeiten seit langem zwingender gegeben als es noch bis vor Kurzem in Deutschland der Fall war. Außerdem entsprach dies ohnehin mehr dem sozialistischen, feministischen Weltbild, dass Schweden so lange beherrschte.

Die im Artikel genannte Gemeinde Nacka liegt im Süden Stockholms und kann getrost als eine der bessergestellten Kommunen bezeichnet werden. Will heißen, dass dort mehrheitlich ohnehin eher einkommens- und bildungsstarke Familien wohnen, die qualitativ hochwertigen Betreuungsangeboten "erwarten" werden. Wer sich da als Politiker beliebt machen (sprich wiedergewählt) werden will, sorgt besser für gut funktionierende Kindergärten. Anders sieht es zum Beispiel in unserer Kommune aus, wo sich gerade massiver Widerstand gegen die verdeckten Einsparungen im Bildungsbereich zu formatieren beginnt. Hier werden vor allem die wachsenden Gruppengrößen, Verkürzung von Betreuungszeiten von Kindern mit einem Elternteil in Elternzeit sowie die mangelnde Aufrüstung / Instandhaltung der Kindergärten bemängelt. Tatsächlich hat sich auch in unserem privat geführten Kindergarten eine Vergrößerung der Gruppen nicht vermeiden lassen. Mich ärgert das nicht nur wegen meiner Kindern, es ist auch eine maßgebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die von mir sehr geschätzten Pädagogen, die ich auf Dauer für nicht akzeptabel halte.

Generell kann man glaube ich aber behaupten, dass schwedische Kindergärten oft weniger pompös ausgestattet sind, als deutsche. Also zumindest, wenn ich das mit den neuen Einrichtungen in meiner Heimatregion vergleiche. Da stehen ganze Abendteuerspielplätze vor der Tür, während bei uns z.B. "nur" zwei Wippen, eine riesige Sandkiste (mit entsprechend Spielzeug) und einem bewaldeten Mini-Hügelchen zur Verfügung stehen (selbst das ist eigentlich schon euphemistisch ausgedrückt). Okay, es gibt auch noch die Pflanzkästen und  die "Snickerboa" (Tischlerschuppen). Es werden regelmäßig viele Ausflüge gemacht, sei es in Museen, Bibliotheken, Parks oder auch mal ins Theater, eigentlich sind ständig irgendwelche Projekte in Gang (aktuell: elektrische Gerätefür die Großen) und die Räumlichkeiten werden immer (mit einfachen Mitteln) den Interessen der jeweiligen Gruppe angepasst.

Auch bei uns schlafen die Kinder im Freien (in ihren Kinderwagen). Auch im Winter, was ich mit Schneeanzug und dickem Fusssack auch bei Minusgraden nicht als problematisch empfinde. Es sorgt auch nicht für mehr Krankheitsfälle. Rollt die Grippewelle über Schweden hinweg, dann rollt sie auch über die Kinder hinweg, aber ansonsten ist meist Ruhe. Es stimmt aber, dass die Regelungen bezüglich Brandsicherheit und Hygiene und etlichem anderen wohl eher "praxisnäher" sind, als in Deutschland. Vor einem Jahr gab es mal eine Fernsehsendung bezüglich der Sicherheit in KIndergärten, da ging es aber vornehmlich um allgemeine Unfallgefahr beim Spielen und die Beaufsichtigung. So richtig einen Skandal hat dies meines Wissens nach nicht ausgelöst, bisher gab es da auch keinen Grund. Man liest nur sehr vereinzelt von schlimmeren Unfällen o.ä. in Kindergärten. Allerdings gibt es eine recht rigorose Qualitätskontrolle, in unserem speziellen Fall durch die Kommune (Fragebögen an die Eltern, aber auch Kontrollen im Kindergarten direkt) sowie Kontrollen und Umfragen durch den Träger selbst.

Interessant sind natürlich auch wieder die Reaktionen der deutschen Leser und schön, dass viele sich mal wieder beschweren, dass Eltern ihre Kinder abschieben wollen. Hin und wieder ist dieses Argument selbst hier in Schweden zu hören und zu lesen. Seufz. Es gibt da einen schönen Spruch, den ich gerne zitiere:

 "Es braucht ein ganzes Dorf, um EIN Kind zu erziehen."

Nach meinen eigenen Erfahrungen ist dieser Satz wahr, was nicht zuletzt an der Neugier, dem Entdeckungseifer, dem Bedürfnis nach Welt- und Lebenserfahrung kleiner Kinder liegt. So, und jetzt sollen mir doch endlich mal einer erklären, wo ich heute ein ganzes Dorf, oder auch nur eine Großfamilie herbekomme, die dieses eine Kind erzieht. Wo sind die Nachbarn, die Nachbarskinder, die Onkels, Cousinen und anderen Bezugspersonen, die Kinder bräuchten, denn heute noch jeden Tag von 8 bis 16 Uhr in wechselnder Folge verfügbar? 365 Tage im Jahr. Welche Väter arbeiten noch so nah am eigenen Zuhause, dass sie automatisch (und ohne Elternzeit z.B.) tagsüber das Kind miterziehen können. Welches Dorf fühlt sich denn heute noch für die Kinder anderer Leute zuständig? In Deutschland mag es das hier und da in Ausnahmefällen sogar noch geben, aber selbst da muss man doch suchen. Ist eigentlich allgemein bekannt, wie ätzend es Kinder finden, einen ganzen Tag in einer (recht kleinen) Wohnung eingesperrt zu sein, weil der einzige verfügbare Erwachsene (=die Betreuungsperson) eben doch mal putzen, waschen, Essen kochen muss und gleichzeitig versucht mit den Kindern zu malen, spielen, klettern, basteln. Man kann die Kinder dank Autos, Zügen und Bussen nicht einfach auf die Straße laufen lassen, unser Garten ist im Moment z.B. nicht mal eingezäunt, sodass mir selbst für die Älteren das Risiko eigentlich zu groß ist.  Im Kindergarten werden einfach auch Sachen gemacht, in denen ich furchtbar schlecht bin. Der Kindergarten ergänzt das, was ich meinen Kindern mitgeben will in ihren ersten Lebensjahren. Er ist ein erster, noch sehr geschützter, erweiterter Erfahrungshorizont für meine Kinder, ein zweiter Ort, an dem sie sich wohlfühlen und entfalten können. Mit "Abschieben" hat das überhaupt nichts zu tun, auch wenn meine Kinder schon mit 18 Monaten im Kindergarten anfingen. Trotzdem bin ich ihre Mutter und ich scheue mich nicht, diese Rolle voll und ganz wahrzunehmen, und das 24/7 bis ans Ende meines Lebens selbstredend. Auf manch anderes könnte ich dagegen gerne verzichten, aber das erlaubt mir unsere westeuropäische Lebensart nun einmal nicht.

Zu guter Letzt: Wäre es denn im Sinn der sich so äußernden Mitmenschen gewesen, wenn ich mich als Frau, die sich darüber bewusst war, dass sie ihre Kinder eben nicht im Alleingang mit einem hart arbeitenden Mann  erziehen würde können, lieber gewesen, ich hätte gar keine Kinder bekommen?

Tuesday, January 22, 2013

Armes Kind - !?

Für die Vorschulkinder steht heute ein Ausflug insFreilichtmuseum Skansen an ... bis heute morgen im Auto habe ich mir dabei gar nichts gedacht, aber als mein Blick auf das Thermometer fiel, weil mir so gar nicht warm werden wollte, auch nicht im beheizten Auto, da fing mir das Kind an, ein bisschen leid zu tun. Die Temperaturanzeige lag bei - 10 C° .... hm. Skansen liegt auf einem Hügel, direkt an der Ostsee, da gibt es also zusätzlich Wind, die Temperaturen am offenen Wasser sind immer noch mal etwas niedriger ... Ich bin gespannt auf den Bericht hinterher.

Dann gibt es Neuigkeiten von der Musikschule. Die bietet in diesem Jahr keine Vorschulklasse an. Das klingt zunächst mal ernüchternd, ist mir aber in diesem Fall ganz recht - oder kommt uns sogar gelegen. Bisher mussten die Kinder nämlich einen kleinen Test machen, um so ihr musikalisches Können/Talent/Potential zu zeigen. Im Normalfall finde ich soetwas für 6-jährige eher anstrengend, aber hier hat dieser Test dafür gesorgt, dass auch Kinder Chance auf einen Platz in der Schule bekamen, die vielleicht nicht ganz vorne auf der Liste standen, die aus anderen Kommunen oder gar aus Familien kommen, die im Normalfall vielleicht keine Chance hätten ihrem Kind eine solche Ausbildung zu ermöglichen (billig ist das Ganze deshalb aber trotzdem noch nicht und aufwendig sowieso). Nun gibt es aber ein neues Schulgesetz, dass Eingangsprüfungen für so junge Kinder verbietet. Da die Schule in der Innenstadt liegt, grenzt das aber in diesem Fall erheblich die Auswahl der potentiellen Schüler ein, resp. nimmt eventuell talentierten Kindern aus sozial schwächeren Familien durchaus eine Chance. Aus diesem Grund hat die Schule also eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen, die allerdings noch nicht fertig bearbeitet ist. Bis zum Schuljahresbeginn 2014 will man aber eine Lösung gefunden haben.

In unserem Fall ist das gut, weil wir bisher mehrere Schwierigkeiten hatten. Die hier ansässige Kulturschule, die zu erschwinglichen Preisen Musikunterricht anbietet, hat keine Angebote für Kinder unter 7 Jahre (zum Erlernen eines Instrumentes). Privatunterricht war zu teuer. Ohne Auto und mit dieser Masse an Kindern war die Chance, die billigere und früher mit dem Unterricht einsetztende Kulturschule Stockholms zu besuchen aus organisatorischen Gründen bisher eher unmöglich. Außerdem bietet die genannte Musikschule ein Vorbereitungsprogramm an, in dem Kinder sich ausprobieren und eben auch auf die in der Schule vermittelte Pädagogik einstellen können. Erst jetzt habe ich eine reelle Chance die Tochter daran teilnehmen zu lassen, was aber für das Schuljahr 2013/14 zu spät gewesen wäre. So haben wir ein Jahr länger Zeit, das Kind kann versuchen, ob das musikalische Talent, die Lust und der Wille überhaupt so lange reichen und ich kann mich in Ruhe auf die Deutsche Schule konzentrieren und hoffen, dass sie dort einen Platz bekommt. Manchmal hat das Leben ja doch einfach die Antworten parat, auf die man gewartet hat. Bitte nur Daumen drücken, dass ich jetzt auch tatsächlich einen Platz für sie in der "Lördagsverksamhet" = Samstagswerkstatt = im Vorbereitungsprogramm für das Kind bekomme ... muss heute nach 12 nochmal anrufen und nachhaken.

Wednesday, January 16, 2013

Es wird Ernst





Jedenfalls zunächst einmal für uns Eltern. Die Anmeldungen und Kennenlerngespräche an den Schulen werden aktuell. Ja, ganz richtig, an den SchulEN. Zwar gibt es hier in Schweden natürlich kommunale Schulen, aber eben auch viele sogenannte Freischulen, also Schulen, die andere Träger als den Staat haben. Das vergrößert die Auswahl hier in Stockholm natürlich erheblich, den jedes Kind hat grundsätzlich das Recht auf freie Schulwahl, auch über Kommunengrenzen hinweg. Klingt prima, oder? Es hat natürlich aber auch einen Haken. Sämtliche Schulen (außer den kommunalen) haben ... na, wer weiß es? Wer erinnert sich noch an den Turnverein? Ja, genau, Wartelisten. So stehen unsere Kinder also schon seit ewigen Zeiten auf den Listen zweier Schulen in Stockholm selbst: einmal auf der Liste für die Deutsche Schule und auf der Liste für eine Musikschule. Damit sind wir etwas ehrgeiziger als die durchschnittlichen schwedischen Eltern, aber hängen den durchschnittlichen Stockholm-Eltern, die ihr Kind vorsorglich auf die Liste sämtlicher nur annähernd in Frage kommender Schulen setzen, längst hinterher. Trotzdem muss ich unser Töchterlein natürlich auch für die kommunalen Schulen in ihrer Heimatkommune anmelden, damit sie nach dem Sommer aber auf jeden Fall in die Grundschule eingeschult werden kann. Drei Möglichkeiten muss ich dort angeben. Dabei gibt es noch eine schwedische Besonderheit, die ich bisher nur halb erfasst habe. Die Kinder kommen mit 6 Jahren in einer Art Übergangsklasse, die die Umstellung vom Kindergarten in die Schule erleichtern soll, offiziell "Förskoleklass" genannt. Auch nach sämtlichen Erklärungsversuchen habe ich bisher nicht ganz verstanden, was genau der Unterschied zu einer normalen, ersten Grundschulklasse ist, aber bald ist ja der erste "Offene Tag", also die erste Informationsveranstaltung einer der Schulen, da wird mir das hoffentlich alles etwas klarer.
Derweil zittere und bibbere ich hier - schließlich muss die arme Tochter ja wieder für sämtliche Geschwister "testlaufen" - ist die Deutsche Schule das richtige? Oder doch lieber das schwedische Schulsystem, das genau das Gegenteil des Deutschen ist? Vielleicht doch noch für eine realistische Chance auf der (ziemlich anspruchsvollen) Musikschule kämpfen? Und wenn kommunale Grundschule, welche ist die beste? Oder doch noch eine englischsprachige, internationale Schule? Es gäbe da eine Möglichkeit, allerdings gegen Schulgeld .... (schließt die ansonsten eigentlich fantastisch klingende Schule aber fast ganz wieder aus - bei vier Kindern!).  So telefoniere und maile ich hier jetzt also schon seit Tagen vor mich hin und hoffe heiß und innig, das am Ende irgendwie das richtige Ergebnis rauskommt und unser Kind tatsächlich so ganz richtig lesen und schreiben lernt ...

Thursday, June 21, 2012

Erfolgreich

Als erfolgreich kann man die "Einschulung" in den "Kindergarten" des bisher Jüngsten bezeichnen. Nach einer dreitägigen Einschulungsphase mit meiner Anwesenheit, war er nun gestern und heute schon alleine mit seinen Geschwistern im Kindergarten bzw. in der Förskola/Dagis. Ein wenig schmerzt es schon, wenn das Kind beim Abschied so gar nicht die Arme nach einem ausstreckt und einfach zufrieden davon watschelt, und es ist auch eigentümlich, wenn man für mehrere Minuten im Garten des Kindergartens steht und der junge Mann einfach gar nicht merkt, dass die MAMA!, Lebensmittelpunkt und Zentrum all seines Tun und Strebens, gekommen ist, um ihn abzuholen...... HUST. Nein, gemeckert wird eigentlich nur wenn der BABA! sich aus dem Staub macht. Tja, so ist das, als Mutter ist man halt einfach selbstverständlich.
Aber Scherz beiseite, der kleine Mann scheint sich sehr wohl in seiner neuen Umgebung zu fühlen und bisher macht ihm die Trennung von den Eltern nicht viel aus (kommt vermutlich noch). Die großen Geschwister schauen wohl auch öfter nach ihm und ansonsten beschäftigt er sich laut Erzieherin den ganzen Tag wunderbar, findet immer wieder etwas zu tun, ist zufrieden und vergnügt. Auch gegessen wird gut (aha???) und so bestätigt sich einerseits, was ich mir gedacht habe, aber andererseits ist es mir irgendwie auch unheimlich. Positive Auswirkungen zuhause: der kleine Mann beginnt tatsächlich mehr zu sprechen und gibt sich mehr Mühe, deutlicher zu sprechen. Ich wusste ja, dass er eigentlich könnte, wenn er wollte, aber irgendwie schien er bisher nicht viel Anlass zu sehen, von der beliebten und etwas diktatorischen Kommunikationsweise mit ausgestreckter Hand und "DA!" abzuweichen. Negative Auswirkung: Babysitz ist blöd, also sitzt er jetzt ohne Babybügel auf dem Kinderstuhl - und zappelt beim Essen gewaltig rum oder er unternimmt gleich ganze Klettertouren über Stühle und unter Tische. Anziehen und Windelwechseln sind blöd, also wird geschrien und getreten, dass sich die Balken biegen. Überhaupt alles, was irgendwie den Forscherdrang bzw. eigenen Willen einschränkt, ist blöd und Protest wird mit kräftigem, sehr zornigem Gebrülle kundgetan. Ich gehe davon aus, dass auch diese Phase (irgendwann) vorübergeht und genieße derweil die drei Wochen alltägliche Kinderfreiheit (siehe vorheriger Post). Wenn dann das Baby da ist, dann wird einem das Gebrülle des Kleinsten aller Kleinen hier niedlich vorkommen und gar nicht so fürchterlich, denn schließlich hat man ja den direkten Vergleich zu einem 1,5-jährigen, einem 3,5-jährigen und dem rethorisch schon recht ausgefeilten Rumgemosere einer 5-jährigen.

Monday, June 8, 2009

Entdeckt und für gut befunden...

... schnell ein Link zu einem interessanten Bericht über schwedische "Kindergärten" .... in Englisch zwar, aber dennoch gut verständlich:

http://www.edutopia.org/global-education-sweden-preschool