Friday, November 6, 2009

Es ist alles in Ordnung!

Das war der von mir am häufigsten verwendete Satz genau heute vor einem Jahr. Bis fünf Uhr am Nachmittag wiederholte ich diesen Satz gebetsmühlenartig, wenn der Herzallerliebste mal wieder fragte, ob wir nicht doch vielleicht ins Krankenhaus? Schließlich sei doch Termin? Und ich hätte ja doch Wehen, so irgendwie? Aber warum, fragt sich der geneigte Leser hier, wollte die Frau bloß nicht ins Krankenhaus.

Im Juni letzten Jahres begannen wir in Schweden eine Wohnung zu suchen. Genauer in Stockholm. Eine Mietwohnung. So schwer, dachte ich, kann das ja nicht sein. Zwei, drei Monate und wir haben eine Wohnung. Muss ja erstmal nicht für alle Ewigkeit sein, mehr so was für den Einstieg. Einziger Haken: der Mann stand auf keiner der Listen mehr, wollte er vor fünf Jahren doch auswandern. Kann ja nicht so tragisch sein, denkt man sich da so im Allgemeinen. War es aber. Wir suchten und suchten und suchten und bekamen Angebote für Eigentumswohnungen. Wir suchten und suchten und suchten und allmählich wurde auch mir klar, dass der Mietmarkt in Stockholm eine Katastrophe ist, weil er völlig überreguliert ist und stark im Schrumpfen. Wer nicht seit 20 Jahren auf der offiziellen Liste der Stadt oder seit mindestens 2 Jahren auf einer Liste der Bauträger steht, hat praktisch keine Chance auf eine Mietwohnung erster Hand. Und wer vermietet schon zweiter Hand (also oft mit den eigenen, wertvollen Möbeln ausgestattet) an eine Familie mit bald zwei Kleinkindern und zwei Katzen?

So kam es, dass wir erst zum ersten November und über einige Abrowinkel eine Wohnung hatten. Beziehen konnten wir sie theoretisch am 3., allerdings mussten praktisch alle Räume erst noch gestrichen werden. So kam es, dass ich am 6. November, dem planmäßigen Geburtstermin, noch immer mit unserem bis dahin bescheidenen Wohnstand in der Gästewohnung in einer Wohnanlage saß, die wir dank der tatkräfitgen Unterstützung von sehr, sehr lieben Freunden auf fast unbegrenzte Zeit nutzen konnten. Und ich wollte alles, nur nicht ins Krankenhaus, bevor nicht die Wohnung fertig war. Wir hätten am 6. in die halbfertige Wohnung ziehen können oder zwei, drei Tage später in die fertig renovierte.

Irgendwann am Morgen hatte ich die ersten Wehen. Sehr schwach nur, aber eben Wehen. Sobald ich stand, kamen sie, saß ich, war nichts mehr zu spüren. Also saß ich fast den ganzen Tag auf einem Stuhl und sagte meinem sorgenvollen Mann, dass schon nichts sein. Das könnten auf keinen Fall richtige Wehen sein. Um 16 Uhr kam unsere geschätzte Freundin R. vorbei, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei und weil der Mann trotz all meiner Einwände sie dann doch angerufen hatte, um nach Rat zu Fragen. Sie guckte sich das Drama kurz an und wetterte auf sehr sympathische Weise gleich los: "For Goodness sake, what are you doing here? You should have been in the hospital hours ago. Grab you bag, I get my car and we leave instantly." So ungefähr jedenfalls. Kurz darauf fand ich mich samt Mann, erstem Kind und Tasche auch schon im Auto wieder und untermalt von partymäßigem Gutelaune-RnB ging es durch den Nieselregen ab in Richtung Krankenhaus. Ich war immer noch der Überzeugung, dass die ganze Aktion vollkommen überflüssig war. Dort wurden wir vor dem Eingang abgesetzt und das Auto brauste mit meiner wie am Spieß schreienden Tochter in die schon dunkle Winternacht davon.

Ich wurde freundlich von einer sehr gelassenen und sehr warmherzigen Hebamme empfangen und zunächst mal an den Wehenschreiber gehängt. Der Mann rannte dann nochmal los, umirgendwas zu holen. Er brauchte 40 Minuten und in diesen 40 Minuten wurden meine Wehen stärker und ich wütender und wütender.

Fortsetzung folgt ...

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