Sunday, April 3, 2011

Liebe geht durch den Magen

Wie schon erwähnt waren die letzten Wochen - bei allem Schönen - eben etwas anstrengend. Eine wunderbare Unterbrechung war allerdings der Besuch meiner Eltern, die uns fast eine ganze Woche mit ihrer Anwesenheit und dem hier abgebildeten Prachtexemplar beglückten. Ja, wirklich, die Fleischwurst hat mich glücklich gemacht. Nun hätte ich selbst nie gedacht, dass ich dies mal von einer ur-deutschen Fleischwurst behaupten würden ...

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Die, übrigens ganz frische, vom Dorfmetzger am selben Tag hergestellte Fleischwurst war "Mitbringsel" meiner Mutter, die damit nur konsequent eine Familientradition fortgeführt hat, deren Vorteile ich jetzt, da ich selbst seit nun mehr 8 Jahren mehrheitlich im Ausland weile, erst so richtig zu schätzen weiß.
Man sollte vielleicht erwähnen, dass meine Familie ungarische Wurzeln hat und diese ungarischen Wurzeln haben sich seit jeher zu großen Teilen kulinarisch bemerkbar gemacht. Nicht nur würzte meine Mutter immer irgendwie alles Mögliche mit Paprikapulver (und meine Mutter ist eine gute Köchin, möchte ich doch anmerken), nein, bei uns war immer alles auch schon einen Tick würziger und schärfer als der durchschnnittliche deutsche Gaumen (vor der totalen Internationalisierung der Küche) es gewohnt war. Daneben gab es Sachen zu essen, die es bei anderen Familien nicht gab. Massen an ungarischer Wurst zu Beispiel oder den fantastischen Akazienhonig, den ich noch heute allen anderen vorziehe (und der im Geschäft schweinsig teuer ist).
Urlaub war in meiner frühen Kindheit durchaus mit Ungarn verbunden, wo wir meine Tante und ihre Familie besuchten und von wo wir immer große Mengen an Lebensmitteln mitbrachten. Paprikapulver, Mohnsamen (oh, der Strudel, den meine Mutter damit macht), Honig, Käse, Schinken, Wurst. Der Versorgungsstrom floss unermüdlich, die erweitere Familie sorgte dafür, dass der Nachschub nicht abbrach und notfalls "schlachteten" meine Eltern auch schon mal selbst ein halbes Schwein ... (lesen hier eigentlich Vegetarier mit???)
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als drei-/vierjährige vor dem Grenzübergang kunstvoll im Kofferraum platziert und angewiesen wurde, mich fest schlafend zu stellen, um die Zollbeamten von weiteren Nachforschungen abzuhalten, getreu dem Motto: ein schlafendes Kleinkind macht sich immer gut. Die Maßnahme hat funktioniert, Gurt- und Kindersitzpflicht gab es offensichtlich noch nicht und die Herren Zollbeamten waren sichtlich (und für mich vernehmbar) gerührt ob meines unschuldigen Anblickes, sodass wir die Grenze ungestraft mit dem köstlichen Gut passieren konnten (ich hoffe, das Vergehen ist mittlerweile verjährt ... hust).

Irgendwann hatten wir - also meine Schwestern und ich - dann nur noch wenig Verständnis für den umständlichen Transport diverser Lebensmittel über mehrere Landesgrenzen hinweg, schließlich gab es Käse, Schinken und Paprikapulver ja auch in Deutschland zu kaufen. Erst als mir eine brasilianische Freundin vor einigen Jahren berichtete, wie ihre damalige Schwiegermutter in Spe sie dazu nötigte, kiloweise frischen Spargel im Flugzeug nach Brasilien zu transportieren, damit ihre Eltern den auch mal versuchen konnten, wurde mir klar, dass solche Anwandlungen durchaus in breiten Schichten der Bevölkerung vorkommen können. Mal ganz zu Schweigen von der Geschichte, in deren Verlauf der Vater einer lieben Freunding quasi tonnenweise Fleisch aus Argentinien (?) nach Deutschland geschmuggelt hat ...

Noch im Herbst äußerste sich meine Schwester kopfschüttelnd über das Honigglas, dass ihr unter deutlich geäußertem Protest in den Koffer gemogelt wurde, aber da kann ich nur sagen: sie sitzt ja auch direkt an der Quelle und das ohne wesentliche Unterbrechung im Lebenslauf ...
Ich bin hingegen ein Stück ... weiser ??? ... geworden. Normalerweise trauere ich im Alltag keinen bestimmten Lebensmitteln nach, so geht mir deutsches Brot z.B. hier überhaupt nicht ab (zumal ich finde, dass dessen Qualität in den letzten Jahren ohnehin stark nachgelassen hat, es sei denn man hat noch den Luxus eines richtigen Dorfbäckers). Außerdem bin ich viel zu neugierig und auch kulinarisch reizt mich oft das Neue und Unbekannte. Mal ganz abgesehen davon, dass man sich eben auch in den Essgewohnheiten an seine Umgebung anpassen muss. Aber als meine Mutter die - gerade auch von den Kindern heiß geliebte - Fleischwurst auspackte - da war das eben doch ein essbares Stückchen Zuhause und das ist so fernab der Heimat dann doch etwas Schönes ...

2 comments:

IO said...

Ich kenne die Geschichte einer spanisch-irischen Familie, wo der Vater die zahlreiche Kinderschar kurz vor der Grenze verdrosch, um so die Aufmerksamkeit der jeweiligen Zöllner vom Kofferraum voll mit geschmuggeltem Alkohol abzulenken ... da ist die Schlaf-Variante wesentlich netter!

NorthernLight said...

Ganz ironisch fällt mir da zu aller erst ein: Man kann es auch übertreiben. Aber im Ernst gesprochen: DAS ist ja furchtbar ... !?!?!?!