Das war also unser erster Elterneinsatz im Rahmen einer Veranstaltung einer erzieherischen Einrichtung unserer Kinder. Kurzweilig war es, interessant und lustig-chaotisch. Amélie sah danach aus wie ein gerupftes Hühnchen, aber nach 6 Stunden vollem Programm und dann noch "Elternbespaßung" ist das ja auch kein Wunder. Die "Elternbespaßung" bestand aus dem Vortragen einiger typischer, schwedischer (lindgrenscher) Sommerlieder. Eigentlich kennt Amélie diese Lieder ganz gut, aber in dem Moment war es viel interessanter, sich die Situation insgesamt zu betrachten, als dass sie wirklich hätte mitsingen können - wobei ich sicher bin, dass die Qualität des Vortrages dadurch wesentlich gebessert worden wäre ;O) - es war schon entzückend schief, was wir zu hören bekamen. Aber Eltern sind da ja leidensfähig und hinterher auch immer noch extatisch veranlagt ("oh, wie süß!!")
Seit Anfang Mai geht Amélie, die jetzt ziemlich genau zwei Jahre alt ist, also in eine schwedische Kindertagesstätte (hier "Dagis" oder auch offiziell "Förskola" genannt). Sie bleibt dort 6 Stunden, ist mit allen Kindern ein warmes Mittagessen und macht dort auch Mittagsschlaf. Jeden Tag - auch bei Regen - gehen alle Kinder rund 2 Stunden an die frische Luft. 24 Kinder sind insgesamt in ihrer Dagis und vier bis fünf Betreuer, davon 2 Männer. Es gibt zwar eine "lose" Gruppeneinteilung nach Alter, aber alle Kinder spielen auch, so wie sie es wollen und können, miteinander und es gibt feste Programmpunkte im Tagesablauf, an denen alle Kinder gleichermaßen teilnehmen, wie z.B. eine gemeinsame Singstunde.
Viele schwedische Kinder gehen oft schon mit 1 oder 1,5 Jahren für bis zu 6 Stunden in eine Dagis, je nachdem wie die Eltern sich ihre Elternzeit eingeteilt haben und wie schnell sie einen Platz bekommen haben. Dank Kinderboom in den letzten 3, 4 Jahren sind auch hier in Stockholm die Wartezeiten etwas länger geworden und man muss teilweise schon 4 bis 6 Monate einrechnen, bis man - als Neuzugang - einen Platz bekommt.
Amélie fügt sich jetzt gut ein und ich bin eigentlich froh, ich glaube letztendlich war es ein guter Zeitpunkt für sie, erste Schritte von Mama und Papa weg zu tun. Wir hatten und haben - wenn jetzt auch etwas weniger - ja immer den Luxus, beide viel Zeit mit unseren Kindern verbringen zu können, sodass sie schon viel Nestwärme hatte. Wir lassen uns auch noch täglich genauestens Bericht erstatten: wie ging es ihr am Tag, was hat sie gegessen, mit wem hat sie gespielt, gab es etwas besonderes - auf diese Weise hilft uns die Dagis bei unserer eigenen Erziehung und ist so, was es für uns sein soll: eine Ergänzung zu dem, was wir ihr bieten können und wollen. Ich empfinde es als großes Glück, dass das hier in Schweden (? - wie die Entwicklung derzeit in Deutschland ist, ist mir ehrlichgesagt nicht so ganz klar) alles so selbstverständlich möglich ist. Mal ganz abgesehen davon, dass dadurch eben auch beide Eltern auf ganz natürliche Weise einem Beruf nachgehen können - und zwar nicht nur auf dem Abstellgleis sondern mit aktiver Karriereplanung im Hinterkopf. Genau das war es eigentlich, warum wir letztendlich nach Schweden gezogen sind.
Getroffen haben wir dann auch gleich noch eine Reihe interessanter Eltern, und das war ein weiterer Grund, warum ich mich so darauf gefreut hatte. Da wir kurz vor Jonahs Geburt nach Schweden gekommen sind, verlief und verläuft meine soziale Intergration etwas verhalten und außerdem wollte ich auch gerne einen Eindruck davon bekommen, wer sich da noch so in der Dagis "tummelt". Das schöne war, die anderen Eltern waren oft ein bisschen so wie wir. Da war ein russisch-amerikanisches Elternpaar (wir waren so in ein Gespräch über Linguistik vertieft, dass ich völlig verbrummt habe zu fragen, wie die beiden eigentlich nach Schweden kamen), ein schwedisch-südafrikanisch-polnisches Elternpaar, ein schwedisch-portugiesisch-schwedisches Elternpaar mit fester Bindung nach Deutschland, usw. usw. usw. - kurz: sehr oft kulturell bunt gemischt und trotzdem schwedisch. Und irgendwie dachte ich, dass das in unserem Alter (also so von Anfang 30 bis Mitte 40) in Deutschland doch noch nicht ganz so stark verbreitet ist, oder irre ich??? Außerdem waren in mindestens 50% der Fälle tatsächlich BEIDE Elternteile anwesend - tortz Termin um 15 Uhr an einem Mittwoch Nachmittag.
Wir haben hier und da Nummern ausgetauscht, jetzt müssen wir sehen, wer sich meldet bzw. wen wir letztendlich kontaktieren wollen.
Jetzt ist der Post viel trockener geworden als geplant, eigentlich sollte es etwas lustig hergehen, aber vieleicht sind diese Informationen ja doch auch interessant. Was die Abenddämmerung anbelangt - als ich so um 22:30 anfing zu tippen war der Himmel noch leicht blau-grau. Jetzt ist es dunkel, aber in ein, zwei Stunden beginnt wieder die Morgendämmerung. Dringend Zeit für mich, etwas Schlaf zu finden ... Gute Nacht!!
3 comments:
Hallo Nordlicht! Ich bin über einen Kommentar bei Larissa von Dir hierher gestolpert. Den Beitrag finde ich sehr interessant. In Deutschland - und ich spreche jetzt für eine große Stadt in NRW - für unter 3 Jährige gibt es zwar immer mehr Plätze, aber es ist zumindest mitten drin in der Stadt noch sehr schwer, einen Platz zu finden. Immer schwerer je älter das Kind wird. Für Babys ist es am Leichtesten, aber eben die wenigsten Eltern wollen ihr Kind unter 1 Jahr in den KiGa geben.
(Kann es sein, dass wir uns online schon "kennen"? Na ja, auf jeden Fall haben meine Familie und ich vor einem Jahr auch noch in Brasilien gelebt.)
Hallo Chrizzo und herzlich willkommen!
Ja, wir kennen uns "online" und ich habe s jetzt doch gewagt und blogge. Wobei sich das derzeit an einen sehr intimen Leserkreis richtet... ;O)
Was den Kindergartenplatz anbelangt: in Schweden läuft das alles über die Liste der Stadt. Hier trägt man bis zu fünf Wunsch-Kindergärten an. Ist dann ein Platz frei und man ist mit der Wahl einverstanden, gilt man als vermittelt. Früher konnte man auch weiterhin noch auf der liste bleiben und so auf einen Platz beim favorisierten Kindergarten warten, jetzt gibt es diese Option offiziell nicht mehr. Wie gesagt, auch die Wartezeiten haben sich verlängert - in meinen Augen ein Hinweis darauf, dass die aktuelle Regierung nicht mehr ganz so hinterher ist, auch wirklich genügend Plätze für die vorhandenen Kinder bereitzustellen.
Zu den Kindertagesstätten zählen auch Tagesmütter und für alles bezahlt man maximal einen Satz von circa 120 Euro pro Kind, für jedes weitere Kind wird es sogar etwas günstiger.
Unter einem Jahr kann man zwar theoretisch sein Kind schon in eine Kindertagesstätte/zur Tagesmutter, aber aufgrund der flexibel einteilbaren Elternzeit muss das nicht wirklich gemacht werden. Auch mit über einem Jahr bis so circa 2 Jahre liegt die Stundenzahl oft unter 6 Stunden pro Tag, da sich das immernoch mit der Elternzeit kombinieren lässt - wäre alles eigentlich nochmal einen extra Post wert, werde da auch nochmal drauf zurückkommen ....
Ansonsten liebe Grüße,
derzeit auch vom Rhein!!
Hört sich immer noch gut an!
Hier lässt man sich in Wartelisten eintragen, die von den Kindergärten selber verwaltet werden. Da weiß man nicht so genau, wie die entscheiden wen sie bevorzugen. Bei manchen Einrichtungen waren das im letzten Jahr für den Jahrgang vom kleinen Mann mehr als 350 Kinder, je nach "Beliebtheit", sprich Angebot und Austattung derselben.
Diese Undurchsichtigkeit verursacht ein ungutes Gefühl bei den Eltern und man fühlt sich ohnmächtig.
Liebe Grüße zurück!
Schön, von Dir jetzt auch so zu lesen und Dich gefunden zu haben. :-)
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