Heute las ich diesen Post in meinem Lieblings-Nachbarblog und nach eifriger Überlegung möchte ich ihn gerne zum Anlaß nehmen, endlich mal drei Geschichten loszuwerden, die ich schon lange mit mir rumschleppe und die nur aus Zeitgründen und dann mangelndem Anlaß noch nicht im Blog verarbeitet wurden. Bzw., eine der Episoden liegt sogar in Vor-Blogzeiten. Involviert sind in allen Geschichten, Eltern, Fremde, Deutsche, Schweden und Kinder unterschiedlichen Alters. Ich erzähle die Geschichten chronologisch.
a) In einem normalen asiatischen Restaurant in Södermalm am Spätnachmittag zwischen 4 und 5 Uhr. Kein Gasthaus aber beileibe auch kein Nobelschuppen. Ich befinde mich dort mit meiner Schwägerin, deren Töchter (damals circa 4 und 7 Jahre alt), meinem Herzallerliebsten und unserer 2-jährigen Tochter. Wir sind die ersten Dinnergäste, als wir kommen ist das Restaurant leer. Als wir uns an einen Tisch gesetzt haben, nehmen die beiden größeren Mädchen, die das Restaurant zudem sehr gut von regelmäßigen Besuchen mit ihrer Mutter kennen, unsere Tochter und beginnen mit ihr zu spielen (laufen und lachen). Wir vertiefen uns derweil in die Speisekarte und von uns beinahe unbemerkt kommt ein deutsches Ehepaar mit Tochter und deren Freund (beide grob um die 20) herein. Sie setzten sich an den Tisch direkt neben uns. Die Kinder spielen weiter. Auf einmal merke ich, wie Aufregung am Nachbartisch entsteht und schaue erstaunt hoch. Die Bedienung wird gerufen und entrüstet wird auf Englisch gefragt, ob man sich an einen anderen Tisch setzen könnte. Die Lärmbelästigung vom Nachbartisch sei nicht zu ertragen. Ich merke derweil, wie ich rot werde. Der Kellner führt die Familie wie gewünscht an einen anderen Tisch und ich höre noch, wie auf Deutsch bemängelt wird, dass wir unsere Kinder ja wohl überhaupt nicht unter Kontrolle hätten. Mir ist heiß. Warum? In diesem Fall wäre es so einfach (und den Landessitten entsprechend) gewesen, sich an uns zu wenden und zu fragen, ob wir das Lärmniveau der Kinder etwas senken könnten. Meine Schwägerin sah mich mit tellergroßen, fragenden Augen an und ich sah mich bemüßigt, irgendwie zu versuchen, das ungeschickte Verhalten der deutschen Touristen zu erklären.
b) Letztes Jahr in Deutschland. Ich bin mit meiner Schwester und ihren Töchtern im Schwimmbad. Natürlich liegen wir mit unseren Kindern nahe am Planschbecken. Dieses Planschbecken existiert seit mindestens 30 Jahren an eben dieser Stelle. Seit mindestens 30 Jahren ist die Entfernung zur Toilette die gleiche. Meine Schwester beobachtet entnervt, wie mehrere Mütter ihre Kinder im Alter von 1,5 Jahre bis 4 Jahre in das nur zwei bis drei Meter entfernte Gebüsch tragen und dort Pipi machen lassen. Nach der fünften Mutter fällt auch mir das eigentümliche Gebären auf, meine Schwester schaut mich an und ich winke abwehrend, mit hochgezogenen Schultern, mit den Händen: "Äh, also in Schweden an so einer Stelle, mit vielen Leuten: nein. In der freien Natur - kein Problem. Echter Notfall auf dem Nachhauseweg -auch kein Problem. Aber in einem Schwimmbad mit vielen Besuchern: definitiv nein." So ungefähr lautete meine Stellungnahme. Meine Schwester beginnt die Mütter anzusprechen und freundlich, aber bestimmt (so ist sie nun mal, gelle? :O) ) zu fragen, warum die Mütter ihre Kinder (die ihr Bedürfnis lautstark kundtun) denn nicht zur Toilette bringen. Ungefähr die dritte Mutter wird richtig sauer. Schließlich sei die Toilette ja so dermaßen weit weg und von so kleinen (????) Kindern könnte man nicht erwarten, dass sie das Pipi so lange einhielten. Erstaunt fragt meine Schwester, ob sie denn das Kind während der Fahrt auch ins Auto machen lassen würde, wenn das so gar nicht ginge. Ich persönlich verstehe nicht, warum Kinder vor 30 Jahren das Pipi einhalten konnten und heute nicht mehr. An dem Mehr an Kindern kann es ja wohl kaum liegen. Die betroffenen Mütter haben Glück, die Verbindung zum ansässigen Rathaus sind gut und in diesem Jahr wird ganz in der Nähe des Planschbeckens eine Toilette gebaut. Trotzdem darf man sich fragen....
c) Vor vielleicht zwei drei Monaten im Bus, hier in Schweden. Ich war mit den Kindern auf einer (kindgerechten) Kunstausstellung mit begehbarer Installation. Ideal für eine diesigen Freitag, an dem die Kinder nicht im Kindergarten waren, ich aber (mal wieder) ein Wochenende alleine mit ihnen vor mir hatte. Wir sind auf dem Rückweg, der Bus ist mehr als voll. Glücklich haben die beiden großen noch einen Platz ergattert, sodass sie sicher sitzen konnten. Mir hatte ein älterer Herr den letzten verfügbaren Sitzplatz angeboten, da er aber offensichtlich ein Hüftproblem hatte (Rollator stand vorm Kinderwagen), habe ich dankend abgelehnt und ihm den Platz überlassen. Ich stehe also neben dem Kinderwagen mit dem kleinen Mann. Der ist müde und wird langsam hungrig. Ich weiß das, bin aber aufgrund unseres Ausflugs meines Proviants beraubt. Die Busfahrt sollte noch vielleicht zehn Minuten dauern, der kleine Mann würde hoffentlich einschlafen. Tat er aber nicht. Er fing an zu schreien. Ich versuchte mit ihm zu reden. Gebrüll. Ich gab ihm etwas zum spielen. Gebrüll. ich schaukele den Wagen und singe. Gebrüll. Dank Schwangerschaft müde und erschöpft gebe ich auf, an der übernächsten Haltestelle würde ich ohnehin aussteigen. Hochnehmen konnte ich den Kleinen nicht (hätte ich aber gerne), zwei Mal wurde ich von Busfahrern mehr als angerüffelt, wenn ich dies während der Fahrt, ohne Sitzplatz getan hatte. Auf einmal höre ich, wie hinter mir jemand auf Schwedisch los raunzt, ob ich denn das Kind nicht endlich mal hoch nehmen wolle. Erschrocken drehe ich mich um, identifiziere die Person und entschuldige mich. "Es tut mir leid, mir gefällt es auch nicht das er schreit, aber im Moment kann ich leider nichts machen." Die Frau motzt weiter. Hilfe suchend schaue ich nach dem Busfahrer (via Spiegel). Keine Reaktion. Etwas deutlicher sage ich: "Ich darf ihn jetzt nicht hoch nehmen, es ist kein Sitzplatz frei." Das sei ja wohl egal. Mir platzt der Kragen. Ich gehe vor zum Busfahrer, um ihm kurz die Situation zu erklären (und Unterstützung zu bitten), der sagt, ich solle die Frau einfach ignorieren. Die Frau belehrt mich weiter. Jetzt gar nicht mehr höflich sage ich ihr erneut, dass es verboten ist, Kleinkinder während der Fahrt aus dem Wagen zu heben, wenn man keinen Sitzplatz hat. Dann solle ich gefälligst mit dem Kind reden und es ablenken. Typisch deutsche Mutter sei das ja wohl, was ich da mache, die wüssten nicht mit Kindern umzugehen. Ich merke wie mir die Tränen hochsteigen, sehe die nächste Bushaltestelle kommen und steige panikartig aus. Der Fußweg ist zwar etwas länger, aber wenigstens bin ich das Gemotze los. Und muss mir nicht mehr anhören, eine kaltherzige Mutter zu sein, die sich keine Mühe gibt. Sicherlich lag ein Kommunikationsproblem vor, vielleicht hat die Frau es gar nicht so gemeint. Aber trotz ihres von Anfang an unfreundlichen Tons hatte ich versucht, ihr entgegen zu kommen.Mir war die Situation ja auch alles andere als angenehm.
Ich habe viele solcher Situationen erlebt -gerade hier in Schweden - die positiv verlaufen sind. Die Leute haben freundlich auf die Störung hingewiesen (entweder uns/die Eltern oder unsere/die Kinder direkt), oder aber helfend eine Hand gereicht (also den Kindern ruhig erklärt, was gerade gar nicht geht) oder aber verstanden, wenn man sie um etwas gebeten hat (neulich, der 1-jährige, der meinem Sohn begeistert und ohne böse Absichten sämtliche Schippen energisch abnehmen wollte samt seinem etwas verpennten Vater ;O) ). Die oben beschriebenen Situationen sind für mich absolute Ausnahmen und gerade deshalb so gut in Erinnerung geblieben. Aber sie zeigen vielleicht, wo das Problem liegt, wenn man "fremde Kinder erziehen" will, sich von Kindern gestört fühlt oder meint, etwas besser zu wissen. Es erfordert Sensibilität und Verständnis, von beiden Seiten.
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